Der Semmering-Aufenthalt im Oktober 1911 und die beiden fehlenden Briefe Alma Mahlers

Im Oktober 1911 planten und ein erneutes Treffen, zuerst in Paris und dann in Wien. Schließlich trafen sich die beiden zwischen dem 18. und 24. Oktober 1911 im Südbahnhotel auf dem Semmering, worüber nur eine Ankündigung und eine kurze, persönlich überbrachte Nachricht Aufschluss geben (AM119 und AM120). Im fraglichen Zeitraum sind keine Briefentwürfe von nachzuweisen. Nach den gemeinsamen Semmeringer Tagen, möglicherweise noch währenddessen, schrieb zwei Briefe, die heute im Konvolut der Korrespondenz fehlen.

Aus den chronologischen Nummerierungen, die seit der Katastrophe im August 1910 auf den Umschlägen ihrer Briefe notierte (Zur Nummerierung von Alma Mahlers Briefumschlägen), kann jedoch die Existenz dieser beiden Briefe belegt werden: Es kann angenommen werden, dass die heute fehlenden Briefe (AM121 und AM122) die von vergebenen Nummern 1 und 2 trugen, da der nächste Brief (AM123) mit Nummer 3 bezeichnet wurde. Ob diese beiden Briefe verloren gingen oder vernichtet wurden, lässt sich nicht mehr rekonstruieren, ebenso wenig lassen sich Rückschlüsse auf die Inhalte ziehen. Alle anderen Zählreihen von sind hingegen komplett erhalten.

Fest steht, dass wenige Tage danach, am 27. Oktober 1911, nach Paris reiste, wo sie bis ca. 6. November blieb (Abschrift eines Briefes von an , , Ms. Coll. 575, Box 8, Folder 566, hschr. pag. 176 und hschr. pag. 181). Der nächste überlieferte Brief von wurde zwei Wochen danach, am 21. November verfasst, nur einen Tag nach der Uraufführung von am 20. November 1911 in München (AM123). Die beiden fehlenden Briefe müssen also im Zeitraum zwischen dem 24. Oktober und dem 20. November entstanden worden sein.

Antwortende Entwürfe von auf die fehlenden Briefe lassen sich nicht nachweisen. Jedoch geben WG216 und WG217 Hinweise darauf, welche schwerwiegenden Themen auf dem Semmering besprochen wurden, die zu der seltsamen Stille im Briefwechsel dieser Wochen geführt haben mussten. Offensichtlich hatte deutliche Worte bezüglich der gemeinsamen Zukunft gefunden: Wie Du es so lieb sagtest[:] Dein Wagen ist vorausgefahren und ich muß nun zusehn, daß ich ihn wieder einhole (WG216). Eine ernsthafte Beziehung schien für unter den gegebenen Umständen nicht in Frage zu kommen, weshalb sich vornahm seine Position so zu befestigen, dass er ihren Ansprüchen genügen könnte (WG216). Die Aussprache setzte ihm zu: Einige Deiner Bemerkungen sind mir so furchtbar nahe gegangen!, schrieb er, außerdem: Ich bin doch ganz traurig über all die \inneren u äußeren/ Mängel, die Du entdeckst (WG216). Einen Monat später wollte ebenfalls zur Uraufführung von in München anreisen, schickte jedoch eine kurzfristige telegrafische Absage (AM123), die weiter verunsicherte. Auch in den nachfolgenden Wochen und Monaten erholte sich die Beziehung nicht.